Der junge Einstein - von Karl zu Carl (1885-1906)

1885-1904

Am 26. April 1885 wurde Karl Einstein in Neuwied (Rheinland-Pfalz) als zweites (und letztes Kind) Daniel Einsteins und seiner Ehefrau Sophie, geb. Lichtenstein, geboren. Die lateinische Schreibung "Carl" (ab 1907) geht auf ihn selbst zurück. Seine Schwester, Hedwig Judith, war ein Jahr älter. Ein drittes Kind der Familie wird 1889 tot geboren. Die Familie wohnt in der Friedrichstr. 41 (Kulturamt Neuwied). Der Vater wurde am 25. September 1847 in Fellheim (Landkreis Unterallgäu, Bayern) geboren, und zwar als fünftes Kind des Schuhmachers Isaac Einstein und seiner Frau Jette, geb. Einstein. Die Mutter (geb. 28. September 1860) war Tochter des Kaufmanns Aaron Lichtenstein und seiner Ehefrau Henriette, geb. Salomon. Weder in väterlicher noch in mütterlicher Linie ist irgendeine Bildungstradition erkennbar, auch ist weder mit dem Physiker Albert Einstein noch mit dem Musikwissenschaftler Alfred Einstein eine verwandtschaftliche Beziehung nachzuweisen.

Am 26. April 1885 wurde Karl Einstein in Neuwied (Rheinland-Pfalz) als zweites (und letztes Kind) Daniel Einsteins und seiner Ehefrau Sophie, geb. Lichtenstein, geboren. Die lateinische Schreibung "Carl" (ab 1907) geht auf ihn selbst zurück. Seine Schwester, Hedwig Judith, war ein Jahr älter. Ein drittes Kind der Familie wird 1889 tot geboren. Die Familie wohnt in der Friedrichstr. 41 (Kulturamt Neuwied). Der Vater wurde am 25. September 1847 in Fellheim (Landkreis Unterallgäu, Bayern) geboren, und zwar als fünftes Kind des Schuhmachers Isaac Einstein und seiner Frau Jette, geb. Einstein. Die Mutter (geb. 28. September 1860) war Tochter des Kaufmanns Aaron Lichtenstein und seiner Ehefrau Henriette, geb. Salomon. Weder in väterlicher noch in mütterlicher Linie ist irgendeine Bildungstradition erkennbar, auch ist weder mit dem Physiker Albert Einstein noch mit dem Musikwissenschaftler Alfred Einstein eine verwandtschaftliche Beziehung nachzuweisen.

Angesichts des engagierten Pädagogen und vorbildlichen Familienoberhaupts, der sein Vater war, muss der jüdische bzw. religiöse Einfluss auf den jungen Einstein außerordentlich groß gewesen sein. Schon sein frühes literarisches Schaffen zeugt davon (Bebuquin u. a.). In seiner Kleinen Autobiographie 1930 wird dieser Einfluss allerdings nicht erwähnt; erst die späten (unveröffentlichten) BEB II-Fragmente thematisieren Einsteins jüdische Kindheit, deren "Gesetzen" er jedoch zu entfliehen sucht wie einer bürgerlichen Bestimmung überhaupt.

Die Familie lebt in Karlsruhe in der Stephanienstr. 9, einer gehobenen Wohnlage, nahe Kunsthalle und Akademie. Detaillierten Angaben der Kleinen Autobiographie zufolge - an die sich ein Dreijähriger nicht erinnern kann - muss er sich später aber auch mehrfach bei Verwandten in Neuwied aufgehalten haben.

1894 tritt Karl ins Großherzoglichen Gymnasium (heute: Bismarckgymnasium) ein, ein für damalige Verhältnisse fortschrittliches humanistisches Gymnasium. Karl erhielt Religionsunterricht jüdischen Glaubens, gegen den er revoltiert, Philosophieunterricht, der ihn prägt (Platos Höhlengleichnis). In den BEB II-Fragmenten wird ein Konflikt mit dem Deutschlehrer Dr. Edmund von Sallwürk beschworen. Auch in Latein scheint Karl nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein. Er entzieht sich im Juli 1903 der Abitursprüfung bzw. wird nicht zugelassen, weil er zusammen mit einem Klassenkameraden, Arensmeyer, der offenbar wenig später Selbstmord beging, zu einer "Vergnügungstour" nach Straßburg aufgebrochen war. Alkohol scheint schon beim jungen Einstein eine Rolle gespielt zu haben.

Die BEB II-Fragmente dokumentieren detaillierte Kenntnisse aus Karlsruhe und Umgebung, z. T. aus der Sicht des späteren Ethnologen symbolisch überhöht (Kiefer 1994).

An einem "Landgymnasium", d. h. dem Großherzoglich Badischen Gymnasium (heute: Schönborn-Gymnasium) in Bruchsal (nahe Karlsruhe), wiederholt Karl 1903/04 die Abschlussklasse und besteht am 7. Juli 1904 das Abitur. Die Lehrkräfte sind in der Kleinen Autobiographie karikiert, aber identifizierbar dargestellt (Heißerer 1992 a). Als Berufswunsch gibt Karl "Philosoph" an.

Dem ungeachtet bevorzugt er als Lektüre Karl May. Er kennt populäre Lesestoffe, liest Detektivromane, aber auch - nach eigenen Angaben - Wedekind und Rimbaud. (Die Kleine Autobiographie verwischt nicht nur die Grenzen zwischen Neuwied und Karlsruhe, sondern datiert auch vieles der Selbststilisierung wegen zu früh.) Ohne Zweifel kennt Karl Bibel und Talmud.

Wohl nur kurze Zeit nach dem Abitur macht er eine Lehre im Bankhaus Veit L. Homburger in Karlsruhe - wie Daniel-Henry Kahnweiler, dem später so bedeutungsvollen Freund, ohne jedoch mit ihm bekannt zu werden (EKC). Karl "flieht" nach einem Missgeschick mit einem Scheck nach Berlin.

1904-1907

Im Wintersemester 1904/05 immatrikuliert er sich an der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und studierte dann - heute würde man sagen: fächerübergreifend und mit Unterbrechungen - bis Sommersemester 1908 Philosophie, Kunstgeschichte, Geschichte und Altphilologie. Einen akademischen Grad hat er nach derzeitiger Kenntnis nicht erworben - was er später (gegenüber Tony Simon-Wolfskehl) bedauert. Der Doktortitel, der ihm hin und wieder, etwa in der Korrespondenz der 20er Jahre, "verliehen" wird, bezeichnet ihn wohl allgemein als "Gelehrten".

Mit Sicherheit (Penkert) hat er im Wintersemester 1905/06 Georg Simmels Vorlesung "Ethik und Prinzipien der philosophischen Weltanschauung" und Alois Riehls "Einführung in die Philosophie" gehört. Im darauffolgenden Sommersemester besuchte er auch Riehls Kolleg über Schopenhauer und Nietzsche und die Übung "Erklärung von Kants ‚Prolegomena'". Es finden sich Hinweise zu Veranstaltungen von Otto Hintze, Heinrich Wölfflin, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf und dem Stefan George nahestehenden Kurt Breysig. Es wird kein Zufall sein, dass sich das Doppel-Ich-Motiv des Bebuquin bei Max Dessoir, ebenfalls Berlin, behandelt findet. Wölfflins Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen verdankt Einstein zeitlebens viel. Mit "dem dilettierenden [...] Philosophen, dem Philologen und dem Historiker" (Die Verkündigung, 1911) - Simmel, Wilamowitz, Breysig? - setzt er sich eher kritisch auseinander. Da Einsteins Berliner Nachlass größtenteils unerschlossen und undatiert ist, können seine vielfältigen Interessen (auch mittelalterliche Literatur, die Breysig vermittelte) zeitlich kaum zugeordnet werden (Braun; vgl. BA 4).

Aus seinen Veröffentlichung ab 1907 kann aber rückgeschlossen werden, dass die Studentenzeit geistig ungemein anregend war - was seinen Niederschlag in Kurt Hillers Bemerkung zu Bebuquins Erkenntnisprosa findet: "Mißgünstige könnten Herrn Einstein als wildgewordenen Privatdozenten diagnostizieren..."

Karl wird aber erst einmal Mitglied der Freien Studentenschaft ("Finkenschaft") und beteiligt sich an der Organisation von Liederabenden, zu denen er am 2. November 1904 den Komponisten Hans Pfitzner (brieflich) einlädt; auch andere spätromantische Komponisten, aber auch Gustav Mahler erregen, sein Interesse. Wann er an der Universität Ludwig Rubiner kennen lernt, mit dem er 1912 eine Reise nach Paris unternimmt, und wann und wo er in Verbindung mit der "Franz-Blei-Clique" tritt, ist nicht bekannt; Blei - der ihn "entdeckt" - lebt bis 1912 in München (Heißerer 1992 a). Wie er den "literarisch-jüdischen Neokatholizismus" (so Theodor Haecker über Blei) assimiliert, ist ungeklärt. Diese Wende kann zumindest als (modischer) Emanzipationsversuch gegenüber dem Elternhaus gedeutet werden. Die Kleine Autobiographie berichtet von Karls Besuchen im Café Zentral. Er wohnt in der Borsigstraße und dann in der Kirschenallee 12.

Frühe Publikationsversuche sind erfolglos; so wird z. B. eine "Waldschmidt-Arbeit" in einem Brief von unbekannt am 23. Oktober 1903 zurückgewiesen (veröffentlicht 1910), desgleichen die ersten Bebuquin-Kapitel: "jeder Verleger schmiss mich raus" (an Tony Simon-Wolfskehl). Wie u. a. der Essay über Schmitt-Reute (1910), den Karlsruher Maler und Lehrer Waldschmidts, bezeugt, bleibt er anfänglich auch in Berlin noch der süddeutschen Kunstszene verbunden. Thea Sternheim zufolge sprach er mit badensischem Akzent (ironisch: "Kunscht"). Eigenen Angaben zufolge litt der verkannte Jungautor an einer "Hungerkrankheit" (an Tony Simon-Wolfskehl).

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